1. Setting
Post-Apartheid Südafrika

Im Jahre 1994 wurde die Apartheid in Südafrika, d.h. eine durch systematisches Vorgehen gekennzeichnete und durch die staatliche Jurisdiktion offiziell etablierte und gefestigte Rassentrennungs und –diskriminierungspolitik, nach einer ersten demokratischen Wahl beendet. Am Ende einer 27jährigen Gefangenschaft wurde Nelson Mandela zum Präsidenten des neuen Südafrika gewählt.

Seine Vision einer „rainbow nation“, d.h. einer Nation, deren Staatsbürger, obwohl sie verschiedener Hautfarbe und Herkunft waren, friedlich und gleichberechtigt nebeneinander leben würden, erwies sich jedoch als allzu illusorisch. So bestand das Land aus etwa 80% Schwarzafrikanern, 8% gemischt-rassiger Bevölkerung, 2,5% Asiaten und 9% Weißen, den Nachkommen niederländischer, französischer und deutscher Siedler.

Andererseits waren die Wunden enorm, die das Apartheidsregime, d.h. die diktatorische Herrschaft einer weißen Minderheit, die durch Angst, Zwietracht, Hass, Mord, Folter, soziale und rassische Trennung und massive Einschränkungen der Bürgerrechte, die Mehrheit unterdrückt hatte. Eine Kultur der Gewalt war das beherrschende Zeichen dieser Periode. So blieben Armut, Intoleranz, Kriminalität und Brutalität typische Merkmale auch der Zeit nach der Apartheid, denn viele hatten beispielsweise unter der Folter Gewalt am eigenen Leib erfahren.

Nach einer statistische Erhebung durch die Vereinten Nationen für die Zeit von 1998-2000 rangierte Südafrika an zweiter Stelle bei Mord und an erster Stelle bei Überfällen und Vergewaltigung pro Kopf der Bevölkerung. Äußerst brutale Gewalt beherrscht die Szene. Um sich vor Überfällen und Gewalttaten zu schützen, verbarrikadieren die Armen sich mit Vorhängeschlössern, während die Reichen ihren Besitz mit hohen Mauern und Stacheldraht umgeben. Viele Weiße suchen ihr Heil in der Flucht und verlassen das Land. Dieses Szenario bildet den Hintergrund für Coetzees Roman. (gekürzter Auszug aus dem Nachwort)

 

 

  Disgrace Cover  

J.M. Coetzee, Disgrace


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